Die Schmiede ist ein Raum, der so ganz anders ist als der Raum einer psychologischen Praxis oder eines Therapieraumes für Atem- und Körperarbeit.


Eine Schmiede, in der die Esse glüht, ist ein dynamischer Raum. Sie ist voller Dinge, die einerseits die Teilnehmer/-innen herausfordert zu einem Tun, das physikalischen und handwerklichen Gesetzen unterliegt, andererseits ergibt sich die Möglichkeit im entstehenden Werkstück, den eigenen Impulsen sichtbaren Ausdruck zu verleihen.

 

Die zweite Besonderheit des Raumes besteht darin, dass es hier nicht nur Eisen, Hammer und Amboß gibt, sondern das entscheidende Agens aller Prozesse: Das Schmiedefeuer! Erst im Feuer der Schmiedeesse wird das Eisen glühend und formbar. Dies ist nicht nur ein physikalisches Gesetz.


Hier kommt eine dritte Besonderheit dieses Raumes zum Tragen, nämlich dass wir in der Schmiede der Wirksamkeit der Elemente ausgesetzt sind und uns der Elemente bedienen: Feuer, Luft - zum Anblasen der Glut, Wasser - zum Abkühlen und Härten des Eisens und Erde  - in Gestalt des Eisens und der Schmiedekohle.

      

Die vierte Besonderheit des Raumes liegt in dem alchemistischen und mythologischen Aspekt. Jede/r, die/der an der Esse steht und das Eisen zum Glühen bringt, nimmt an dem sich im Eisen vollziehenden Umwandlungsprozeß, von der Starre zur Formbarkeit teil und ist dem Aufruf zur Umformung, bzw. Selbstformung ausgesetzt.

 

Die Teilnehmenden erleben auch, wie ihr Eisen bei zu langem Verweilen im Schmiedefeuer beginnt, wie eine Wunderkerze zu sprühen und damit zugleich zu verbrennen und als Werkstoff unbrauchbar zu werden. Darin kann sichtbar werden, welche Wirkung die Überhitzung von Prozessen haben kann. Dem Schmied obliegt es in Kenntnis der Naturgesetze, die Abläufe im Schmiedefeuer in Achtsamkeit zu steuern. So ist es nicht verwunderlich, dass der Schmied und die Schmiedekunst in der Mythologie und Märchenwelt der Völker eine große Rolle spielt. Dabei wissen wir aus der Tiefenpsychologie, dass Mythen und Märchen Abbilder des Weges des Menschen hin zu einem vollständigen, ausgereiften Individum sind.

 

Beim Schmieden sind wir Gesetzmäßigkeiten ausgesetzt, die unumstößlich sind. Die Auseinandersetzung damit ist ein Akt des Erwachsenwerdens. Das Eisen lässt sich nicht belügen, es verlangt Wahrheit ohne uns mit Geboten von Außen zwingen oder verbiegen zu wollen. Diese Brechung, im völlig freien Raum, birgt eine außerordentliche Chance zur Selbstwahrnehmung.


Aus tiefenpsychologischer und spiritueller Sicht geht beim Schmiedenden der Energiefluß von innen nach außen. Die Impulse zur Formgebung kommen von innen aus dem Unbewussten. Die Schlagkraft wird im Innen initiiert und nach außen im Schlag freigesetzt. Es ist viel Raum gegeben, das Agens der Elemente in uns zu zünden und nach außen im entstehenden Werkstück sichtbar werden zu lassen. Abgesehen von Gesetzmäßigkeiten, die mit jedem Handwerk verbunden sind, ist Platz für' s Geschehenlassen, für' s „So-sein“. Das Therapeutische Schmieden kann aber auch fruchtbar werden, wenn die Zielsetzung  mehr von außen nach innen gerichtet ist. Damit sind Prozesse gemeint, die in Anklang an die Verhaltenspsychologie das Umpolen alter Muster in neue, dem Jetztstand gemäßere Muster möglich machen. Bei permanenter, hochgradiger Erschöpfung durch Schule oder Arbeitsplatz erscheint zwar das Entspannen als das Nächstliegende, im Therapeutischen Schmieden haben wir aber darüber hinaus die Möglichkeit, über die Anregung der in uns schlummernden schöpferischen Kräfte die rechte Lebensspannung wieder aufzubauen.

 

Die besondere Dynamik und Dramatik, die in der Schmiede wirksam sind, lassen sich in Kurzform wie folgt benennen: Klang der Hämmer, Feuer und Rauch, Zischen des Eisens beim Abkühlen, Hitze und Innehalten am Schmiedefeuer, Sprühen des Eisens beim verbrennen, die Gemeinsamkeit und das Zusammenwirken, wenn mehrere Personen an einem Werkstück arbeiten.


Es kommt beim Schmieden auch viel Freude auf und das selbst geschmiedete Werkstück erinnert immer wieder an das Erlebte und verankert damit die neuen Erfahrungen. Vielleicht ist es nicht zu romantisierend, wenn wir im Zusammenhang mit dem Schmieden an das Wort Schillers denken: „Wohltätig ist des Feuers Macht“ und im Klang der Hämmer hören: „Freude, schöner Götterfunken………“